110 Jahre Aargauische Evangelische Frauenhilfe – vom Verein zur Hebung der Sittlichkeit zur Budget- und Sozialberatung

Geschichtlicher Rückblick
Am Anfang der organisierten Frauenbewegung in der Schweiz steht die Engländerin Josephine Butler (1828–1906). Sie hasste die Ungerechtigkeit und lehnte sich unermüdlich dagegen auf. Getrieben und getragen von der Liebe Christi kämpfte sie auf allen Ebenen: bei Frauen, bei Männern, in der Kirche, in der Politik und Gesellschaft mit Geduld, Härte und Liebe. Als Folge ihres Engagements fand 1877 in Genf der erste internationale Frauenkongress statt. Beeindruckt vom Kongress und der Persönlichkeit Josephine Butler schlossen sich Teilnehmerinnen aus Genf, der Waadt, Neuenburg und Bern zum Verband deutschschweizerischer Frauenvereine zusammen. 1901 trennten sich die deutschschweizerischen Sektionen ab. 1947 fanden sich deren 13 zum «Schweizerischen Evangelischer Verband Frauenhilfe» zusammen.

Sektion Aargau
Die Anfänge unserer Sektion gehen bis ins Jahr 1909 zurück. Die Sektion Aargau, vertreten durch die erste Präsidentin, Frau Pfarrer Emma Schmutziger, erwirbt in Rombach die Liegenschaft Obstgarten. Die Verwaltung des Obstgartens, einem Kinderheim mit Schule für Mädchen aus sozial schwierigen Verhältnissen gehörte zu den Aufgaben des Vorstandes bzw. der Obstgartenkommission.
Dannzumal legten rund 5500 Frauen mit ihrem jährlichen Mitgliederbeitrag die finanzielle Grundlage für die Arbeit der Frauenhilfe Aargau. Dazu kamen noch Spenden und Kollekten aus den Gemeinden.
Auf der im Haus Trüb am Bahnhofplatz Aarau im Jahr 1957, in Zusammenarbeit mit der Ref. Landeskirche Aargau, eröffneten unentgeltlichen Beratungsstelle standen zwei Beraterinnen für Lebensfragen und ab 1961 eine Budgetberaterin Hilfesuchenden in schwierigen Situationen mit Rat und Tat bei. Im Jahr 1966 zieht die Frauenberatung an ihren heutigen Standort an der Vorderen Vorstadt 16 in Aarau.
Im Jahr 1977 schliesst die Frauenhilfe das Mädchenheim Obstgarten wegen des Überangebots an Heimplätzen im Kanton Aargau. Die Liegenschaft wird 1978 an die Heilsarmee, welche im Obstgarten ein Männerheim eröffnete, vermietet.
Im Jahr 2010 feiert die Aargauische Evangelische Frauenhilfe, wie sie nach dem Beitritt zur Schweizerisch Evangelischen Frauenhilfe bezeichnet wurde, ihre 100. Jahresversammlung.
Im Jahr 2016 wird die Liegenschaft Obstgarten an die Heilsarmee verkauft.
Seit dem 1. Januar 2018 wird die Budget- und Sozialberatung im Auftrag der Aargauischen Evangelischen Frauenhilfe von der «Schuldenberatung Aargau–Solothurn» angeboten. Diese Zusammenarbeit wird in einer Leistungsvereinbarung geregelt. Damit ist die Weiterführung der Beratungsstellen gesichert. Die Leistungsvereinbarung regelt die Arbeits- und Anstellungsbedingungen der Beraterinnen und orientiert sich dabei an jenen der Schuldenberatung Aargau–Solothurn. Die Personalführung ist in der Verantwortung der Schuldenberatung. Die Beratungen sind weiterhin kostenlos. In gewissen Fällen ist eine finanzielle Beteiligung erwünscht. Die Beratungsstellen befinden sich nach wie vor an der Vorderen Vorstadt 16 in Aarau. Die telefonische Erreichbarkeit, um einen Termin zu vereinbaren, ist durch die Zentrale der Schuldenberatung AG/SO gesichert. Die Budgetberatung erfolgt selten losgelöst von der Lebenssituation der ratsuchenden Person. Neben der Existenzsicherung geht es auch um Lebensbegleitung. Budgetberatung ist also immer auch Sozialhilfe. Die Sozialberaterinnen beraten und begleiten zu folgenden Themen: Budgetberatung für Familien, Paare und Einzelpersonen; Budgetplanung bei Heirat, Trennung, Konkubinat; Kost- oder Haushaltgeld; Einkommenseinbussen; Taschengeld; Lehrlingslohn; Studium. Das Angebot ist vielfältig. Die Beraterinnen begleiten und beraten Frauen jeden Alters in ihrer Lebenssituation. Eine persönliche Beratung bringt oft Klarheit und zeigt Wege auf, wenn es um Problemkreise geht wie persönliche Beziehungen (Familie, Partnerschaft), Beruf und Arbeitsplatz, Arbeitslosigkeit, Alleinsein oder Gewalt in der Familie, aber auch für Menschen die sich in schwierigen Situationen befinden und deshalb Unterstützung brauchen.
Aargauer Kirchgemeinden sowie Sozialdienststellen der politischen Aargauer Gemeinden dürfen diese Angebote empfehlen, bzw. direkt an die Budget- und Sozialberatung Aargau weiterleiten.

Sie können unsere Arbeit unterstützen, indem Sie Mitglied der AEF werden. Der Mitgliederbeitrag beträgt Fr. 30.– pro Jahr. Nähere Auskünfte erteilt Ihnen gerne unsere Geschäftsstelle.

Text: Elsbeth Gloor, AEF
Erschienen im a+o Januar 2021

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